Sind Expats in Singapur noch willkommen? (Newsletter #5)
Singapur galt lange als einer der attraktivsten Orte für ausländische Fachkräfte und Manager. Doch nun will der Stadtstaat den Zuzug erschweren.
Liebe Leserinnen und Leser,
Covid-19 macht nicht nur das Reisen schwer, sondern auch das Auswandern. Menschen die als Expats nach Asien wollen, müssen sich derzeit nicht nur auf Visumsprobleme und wochenlange Quarantäne einstellen, sondern auch auf eine wachsende Ausländerskepsis in manchen Gastländern. In dieser Woche geht es in meinem Newsletter darum, wie Singapur mit der Debatte umgeht. Außerdem gibt es Neuigkeiten aus Indien und Vietnam.
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Singapur geht auf Distanz zu den Expats
Singapurs Marina Bay
Hohe Gehälter, gute Karrierechancen, alle Annehmlichkeiten eines modernen Großstadtlebens und zwölf Monate im Jahr tropischer Sonnenschein: Die südostasiatische Metropole Singapur galt für Fach- und Führungskräfte aus dem Ausland, die sich in Asien niederlassen wollen, lange Zeit als die erste Wahl. Weltweit haben Expats nur in der Schweiz ein besseres Leben, ergab eine Studie der Bank HSBC im vergangenen Jahr.
Doch angesichts einer historischen Wirtschaftskrise und einer steigenden Arbeitslosenrate droht den hochqualifizierten Ausländern in dem Stadtstaat ein Ende der Willkommenskultur: Die Frage, wie viele Expats in das Land kommen sollen und ob sie der einheimischen Bevölkerung gut bezahlte Jobs wegnehmen, ist in den vergangenen Wochen ganz oben auf die politische Agenda gerückt. Die Regierung von Premierminister Lee Hsien Loong verschärft nun die Kriterien, die für eine Arbeitserlaubnis notwendig sind – und will gegen Unternehmen vorgehen, die Singapurer angeblich diskriminieren.
"Besonders in diesen unsicheren Zeiten, will ich alle Arbeitgeber daran erinnern, ihren Beitrag zu leisten, um die singapurische Kernbelegschaft auszubauen", sagte Lee im Parlament. Andernfalls müssten die Unternehmen mit Konsequenzen bei der Zuteilung neuer Arbeitsgenehmigungen für Ausländer rechnen.
Ausländisches Personal anzuheuern soll nun teurer werden: Seit 1. September gibt es eine Arbeitserlaubnis nur noch ab einem monatlichen Mindestgehalt von umgerechnet rund 2800 Euro. Diese untere Schwelle wurde in diesem Jahr bereits zum zweiten Mal angehoben. Im Frühjahr lag sie noch bei 2200 Euro. Für den Finanzsektor sollen die Mindestgehälter im Dezember noch weiter steigen. "Ich wäre nicht überrascht, wenn künftig weniger Visa vergeben werden, weil die Nachfrage nach Ausländern sinken wird", kommentierte Grant Torrens, Singapur-Chef des Personaldienstleisters Hays.
Meinen vollständigen Text zu dem Thema können Sie hier im Handelsblatt nachlesen.
Was mich diese Woche sonst noch beschäftigt hat:
INDIEN: Der Kampf um die fast 1,4 Milliarden indischen Konsumenten hängt an einer entscheidenden Frage: Bleiben Indiens reichster Mann, Mukesh Ambani, und der reichste Mann der Welt, Jeff Bezos, Rivalen – oder werden sie zu Verbündeten? Dass gerade beides möglich erscheint, liegt an einem Angebot, das in Indien Wirtschaftsgeschichte schreiben könnte: Laut einem Bericht des Finanzdienstes Bloomberg vom Donnerstag will Ambani einen 20-Milliarden-Dollar Anteil an der Einzelhandelssparte seines Konzerns Reliance an Bezos' Amazon verkaufen.
Sollte die Vereinbarung zustande kommen, wäre sie die größte Transaktion, die Indiens Unternehmenswelt je gesehen hat – und auch für Amazon eine Rekordinvestition. Eine Partnerschaft zwischen den beiden bisherigen Wettbewerbern würde den Unternehmen ermöglichen, den Einzelhandel in dem zweitbevölkerungsreichsten Land der Welt klar anzuführen. Für Amazon-Chef Bezos, der in Indien bereits Investitionen von 6,5 Milliarden Dollar zugesagt hat, wäre die Einigung mit Ambani auch das Eingeständnis, dass er in dem schwierigen Markt mit einem lokalen Partner besser aufgestellt ist.
VIETNAM: Der Industrieversicherer HDI Global bekommt bei seiner Expansion in Asien juristische Probleme. Die Tochter-Gesellschaft des Talanx-Konzerns bemüht sich seit Jahren, ihren Einfluss bei einem der größten Versicherungskonzerne Vietnams auszubauen. Nun werfen die Behörden des südostasiatischen Landes dem Hannoveraner Unternehmen vor, dabei mit unlauteren Mitteln vorgegangen zu sein.
In dem Fall geht es um die Frage, ob HDI seinen Anteil an dem ehemaligen Staatsbetrieb PVI auf unzulässige Weise auf mehr als 50 Prozent erhöht hat. Aus Sicht der vietnamesischen Finanzaufsicht SSC hat HDI mit seinem Vorgehen gegen das lokale Wertpapierrecht verstoßen. Die Behörde wirft dem deutschen Unternehmen vor, Transaktionen getätigt zu haben, um den Anteilsbesitz zu verschleiern. Zudem habe HDI gegen Regeln verstoßen, die die Unternehmensanteile in ausländischer Hand begrenzen. Wie nun bekannt wurde, erging ein entsprechender Bescheid lokalen Medienberichten zufolge vor wenigen Wochen.
Welche Konsequenzen das haben könnte, analysiere ich in dem Artikel unter diesem Link.
Was nächste Woche wichtig wird:
Wolken über Jakarta
INDONESIEN: Südostasiens größte Volkswirtschaft droht die Kontrolle über die Corona-Pandemie zu verlieren und stellt seine Hauptstadt Jakarta deshalb ab Montag erneut unter einen Lockdown. Unter anderem werden so gut wie alle Büros der Metropole geschlossen. Die Behörden begründeten den Schritt damit, dass das Gesundheitssystem ansonsten binnen weniger Tage an seine Kapazitätsgrenzen kommen würde. Die Maßnahmen dürften die bereits angeschlagene Wirtschaft des 270 Millionen Einwohner großen Landes weiter belasten. Die Börse in Jakarta reagierte auf die Entscheidung mit einem Kurssturz.
INDIEN: Weiterhin steigen die Infektionszahlen nirgendwo so rasant wie in Indien. Zuletzt meldete das Land fast 100.000 neue Fälle am Tag. Bei der Geschwindigkeit dürfte Indien Mitte nächster Woche die Schwelle von fünf Millionen bestätigten Infektionen überschreiten.
ASIEN: Die wirtschaftlichen Folgen der Corona-Krise fallen in Asiens Volkswirtschaften höchst unterschiedlich aus. Während Länder wie Thailand und Indien mit einer der schwersten Rezessionen seit Jahrzehnten rechnen müssen, könnte es in Vietnam in diesem Jahr sogar noch ein positives Wirtschaftswachstum geben. Wie genau die Lage in den einzelnen Ländern aussieht, will die Asiatische Entwicklungsbank ADB nächste Woche näher analysieren. Sie stellt ihre neue Konjunkurprognose am Dienstag vor.
Mein Foto der Woche:
Unterwegs in der thailändischen Provinz Samut Songkhram
Wie viele Menschen rund um den Globus bin ich während des Corona-Lockdowns in diesem Jahr auf den Geschmack des Fahrradfahrens gekommen. Vergangenes Wochenende hatte ich das Vergnügen, 200 Kilometer durch Bangkoks Nachbarprovinzen zu radeln.
Der allgemeine Fahrradboom ist nicht nur gut für die persönliche Fitness, sondern hilft auch einem der ärmsten Länder der Region: Kambodscha ist für die Europäische Union der mit Abstand größte Fahrradlieferant. Und im ersten halben Jahr 2020 liefen die Geschäfte ganz hervorragend: Kambodschanische Hersteller exportierten 1,1 Millionen Fahrräder nach Europa mit einem Wert von mehr als 200 Millionen Euro – das waren 31 Prozent mehr als im gleichen Zeitraum des Vorjahrs.
Falls Sie zu den Käufern gehören, wünsche ich Ihnen gute Fahrt – und wie allen anderen auch ein sportliches Wochenende!
Viele Grüße aus Bangkok
Mathias Peer
P.S.: Wie immer freue ich mich, wenn Sie diesen Newsletter weiterempfehlen. Der Link dafür: https://mathiaspeer.substack.com