Das sind die fünf besten China-Alternativen in Asien
Deutsche Unternehmen wollen ihre Lieferketten von China unabhängiger machen. In Asien bringen sich mehrere Länder als Ausweichstandorte ins Gespräch – und locken mit Milliardensummen.
Liebe Leserinnen und Leser,
für Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier ist eine Lektion aus der Coronakrise eindeutig: “Wir wollen natürlich unser Lieferketten diversifizieren.” Das sagte er im Herbst bei der Asien-Pazifik-Konferenz der deutschen Wirtschaft – als Reaktion auf den Stillstand in chinesischen Fabriken, zu dem es nach Ausbruch der Pandemie vor einem Jahr gekommen war.
Doch welche Länder eignen sich für deutsche Unternehmen wirklich, um sich zumindest ein Stück weit von China unabhängiger zu machen? Darum geht es in dieser Newsletter-Ausgabe. Haben Sie Fragen oder Feedback? Sie erreichen mich unter peer@weltreporter.net.
Wie Indien, Thailand, Vietnam, Indonesien und Singapur um (deutsche) Investoren werben
Fabrikbau in Thailand: Unternehmen suchen neue Produktionsstandorte, Foto: Mathias Peer
China ist als Produktionsstandort für internationale Konzerne längst unverzichtbar geworden. Doch die Abhängigkeit bereitet Unternehmen zunehmend Sorgen. Nach einer im Dezember veröffentlichten Umfrage des Kreditversicherers Euler Hermes unter Führungskräften will jedes zweite deutsche Unternehmen 2021 seine Produktion verlagern. In Asien machen sich mehrere Länder Hoffnungen, von der Diversifikation der Lieferketten zu profitieren: Indien will Fabriken mit milliardenschweren Subventionen anlocken, Thailand verspricht jahrelange Steuerfreiheit, Vietnam will mit seinem einmaligen Netz an Freihandelsverträgen punkten. Auch Indonesien und Singapur können auf neue Investitionen hoffen. Was haben die Länder im Einzelnen vor und auf welche Industrien zielen sie ab?
Ich habe für das Handelsblatt eine Übersicht über die wichtigsten Entwicklungen, sowie die Vor- und Nachteile der einzelnen Standorte recherchiert. Den Teil zu Indien finden Sie hier. Die komplette Analyse finden Sie hier.
Indien: Milliardensummen für neue Fabriken
Mit der Kampagne "Make in India" will Regierungschef Narendra Modi bereits seit Jahren, ausländische Konzerne dazu bringen, ihre Fabriken nach Indien zu verlegen. Der Erfolg war bisher überschaubar. Nun versucht Modi, Unternehmen mit konkreten Finanzzusagen anzulocken: Rund 27 Milliarden US-Dollar will die Regierung in den kommenden fünf Jahren an Subventionen an Unternehmen ausschütten, die ihre Fertigung in Indien ausbauen. "Wir wollen, dass Fertigungsunternehmen nach Indien kommen", sagte Finanzministerin Nirmala Sitharaman bei der Vorstellung des Programms im November. "Diese Anreize werden die Produktion in Indien attraktiv machen", versprach sie.
Firmen aus 13 Branchen können sich um die Förderungen bewerben. Hersteller von Autos und Autoteilen sollen mit rund acht Milliarden Dollar den höchsten Anteil des Fördergeldes bekommen, gefolgt von Smartphone-Herstellern, für die knapp sechs Milliarden Dollar vorgesehen sind. Das Subventionsprogramm für die Handyindustrie war als Pilotprojekt bereits im April vorgestellt worden. 16 Auftragsfertigern und Zulieferer haben Investitionen zugesagt, um die sogenannten "production linked incentives" (PLI) zu erhalten – darunter die größten Apple-Zulieferer Foxconn, Pegatron und Wistron, die im Rahmen des Programms zusammen rund 900 Millionen Dollar in Indien investieren wollen.
Modis Regierung hofft, dass genug Unternehmen dem Beispiel folgen, um Indiens schwere Wirtschaftskrise schnell zu beenden. Für 2020 erwartete der Internationale Währungsfonds einen Einbruch der Wirtschaftsleistung um zehn Prozent.
Neue Infektionswelle trifft Asiens Corona-Vorzeigeländer
Junge Bangkoker tanzten in den Nachtclubs der Hauptstadt, an Freiluftmärkten drängten sich Menschenmassen um die Garküchen und an den Stränden der Ferieninsel Phuket standen die Sonnenstühle schon wieder so dicht beieinander, als hätte es die Coronavirus-Pandemie nie gegeben. Noch kurz vor dem Jahreswechsel schien es so, als hätte sich Thailand erfolgreich von der globalen Gesundheitskrise abgeschottet. Mehr als ein halbes Jahr lang lagen die bestätigten lokalen Infektionsfälle fast jeden Tag bei Null. Südostasiens zweitgrößte Volkswirtschaft machte sich so einen Namen als Vorzeigeland in der Pandemiebekämpfung – und kehrte zu einem Alltag ohne Einschränkungen zurück.
Doch die Zeit der Unbeschwertheit ist vorüber: Nach einem Virusausbruch unter Gastarbeitern an einem Großmarkt für Fische und Meeresfrüchte ist Thailand wieder in Alarmstimmung. Inzwischen melden die Behörden landesweit neue Fälle – am Dienstag wurden mehr als 200 weitere Infektionen gezählt. Während in Europa solche Werte derzeit für Erleichterung sorgen würden, reagieren die Behörden des Landes mit einem Teillockdown, um Schlimmeres zu verhindern: Am Dienstag traten in Bangkok neue Restriktionen für die Gastronomie in Kraft. Restaurants dürfen ab 21 Uhr keine Gäste mehr empfangen. Bars und Entertainmentbetriebe mussten bereits zuvor komplett schließen. "Bleibt für die nächsten 14 Tage zuhause", forderte Regierungschef Prayut Chan-ocha seine Landsleute auf.
Thailand ist nicht der einzige bisherige Corona-Musterschüler in Asien, der nun mit einem ernsthaften Rückschlag in seiner Eindämmungsstrategie zu kämpfen hat. Auch Japan und Südkorea, die die Pandemie monatelang unter Kontrolle hatten, kämpfen derzeit mit einer neuen Infektionswelle. Die Entwicklung gefährdet den erhofften wirtschaftlichen Aufschwung – auch weil die Einwohner der betroffenen Länder wohl noch länger auf einen Impfstoff warten müssen.
Das wird diese Woche wichtig:
INDONESIEN: Das gemessen an der Bevölkerungszahl viertgrößte Land der Welt startet am Mittwoch sein Coronavirus-Impfprogramm. Präsident Joko Widodo soll die erste Impfdosis erhalten. Indonesien setzt in großem Stil auf das Vakzin des chinesischen Herstellers Sinovac. Anfang dieser Woche erhielt es von den Behörden in Jakarta eine Notfallzulassung, nachdem eine indonesische Studie dem Mittel eine Wirksamkeit von etwas mehr als 65 Prozent bescheinigt hat.
MALAYSIA: Wegen einer neuen Coronavirus-Infektionswelle gilt ab Mittwoch für zwei Wochen ein landesweites Reiseverbot. Zudem hat die Regierung von Premierminister Muhyiddin Yassin einen Lockdown für die Hauptstadt Kuala Lumpur und für mehrere Bundesstaaten verhängt. Die Zahl der Neuinfektionen war zuletzt deutlich angestiegen. Vergangene Woche lag sie erstmals bei mehr als 3000.
INDIEN: Auch der indische Premierminister Narendra Modi will diese Woche den Startschuss für seine Impfkampagne geben. Am Samstag beginnt das 1,4 Milliarden Einwohner große Land mit einer der größten Impfaktionen der Welt. Bis August sollen 300 Millionen Inder immunisiert werden. Das Vorhaben ist aber nicht ganz unumstritten: Indien hat nämlich einen lokal entwickelten Impfstoff zugelassen, bevor klinische Studien über das Vakzin abgeschlossen wurden. Mehr zu der Kritik an dieser Entscheidung habe ich hier augeschrieben.
Video der Woche: Mode.Macht.Menschen
Die Textilindustrie war in den vergangenen Jahren Kambodschas wichtigste Boombranche – und Europa ihr wichtigster Kunde. Doch über die konkreten Arbeitsbedingungen in dem Land wissen im Westen wohl nur wenige Bescheid. Die Dokumentarfilmreihe “Mode.Macht.Menschen” begleitet den Fashion-Blogger Willy Iffland und die Journalistin Helen Fares bei ihren Besuchen in den kambodschanischen Textilfabriken. Die von Filmemacher Patrick Kohl und der Rosa-Luxemburg-Stiftung produzierten acht Episoden sind kostenlos auf Youtube zu sehen.
Ich wünsche Ihnen eine spannende und erfolgreiche Woche.
Viele Grüße aus Bangkok
Mathias Peer
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